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Rigide Wirtschaftsvorschriften, überdimensionierte Bauprojekte und eigens auf Fifa-Interessen zugeschnittene Gesetze: Der Fußballverband tritt auch bei der WM nicht als Gast, sondern eher als Besatzer auf. Die wichtigsten Auflagen im Überblick.
Noch bevor am 12. Juni König Fußball das Regiment in Brasilien übernimmt, steht ein Gewinner der diesjährigen WM bereits jetzt fest: Wie jedes Jahr werden vor allem die Kassen der Fifa und einiger mit ihr verbundener Konzerne klingeln. Spätestens seit Brasilien 2007 den Zuschlag für die WM 2014 erhielt, arbeitet der Verband mit Hochdruck an der Perfektionierung der “Gelddruckmaschine” Weltmeisterschaft und daran, dass das Gastgeberland alle Regeln erfüllt.
Dass ein Fußballverband einem souveränen Staat Regeln und Gesetze diktieren kann, erscheint bei näherem Hinsehen als absurd. Dennoch scheint das vor allem bei Weltmeisterschaften in Schwellenländern mittlerweile die Regel zu sein.
Bild- und Tonrechte gehören der FIFA
Prominentestes Beispiel: Das “WM-Rahmengesetz”, dass bereits 2012 verabschiedet wurde. Oberstes Ziel ist der Schutz der finanziellen Interessen der Fifa und ihrer Sponsoren. Alle Rechte für Bild- und Tonübertragungen sowie die Festlegung der Eintrittspreise wird darin einzig an den Fußballverband übertragen. Außerdem werden ihm umfangreiche Steuerbefreiungen zugebilligt.
Auch für Sponsoren und Merchandise-Partner wurden einige lukrative Ausnahmen ausgehandelt. So wurde für die traditionellen Straßenhändler, die normalerweise das Bild der brasilianischen Städte mit prägen, eine weitläufige Bannmeile um die Stadien eingerichtet, in denen nun einzig die Lizenznehmer ihre Waren anbieten können.
Absurde Verhältnisse – Alkohol ja oder nein?
Besonders viel Kritik erntete die Entscheidung, dass in den Stadien während der WM Alkohol verkauft werden darf. In Brasilien gehört das Bier während des Stadionbesuchs eigentlich schon längst nicht mehr zum Fußballerlebnis. Wegen der vielen gewaltsamen Auseinandersetzungen durch alkoholisierte Fans gilt dort ein striktes Alkoholverbot. Eigens für die WM wurde diese Regelung aufgehoben, zumindest direkt in den Stadien.
Das führt teilweise zu absurden Verhältnissen: Der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, hat angekündigt, dass rund um das Macaranã- Stadion je zwei Stunden vor und nach einem Spiel kein Tropfen Alkohol ausgeschenkt werden darf. Sowohl Händler als auch private Feiern sollen streng kontrolliert werden. Im Stadion hingegen – das außerhalb von Paes Zuständigkeit liegt – ist der Verkauf legal.
Doch damit ist die Liste der Auflagen längst nicht zu Ende. So konnten große Bauvorhaben für die WM aufgrund der Fifa-Vorgaben auch ohne öffentliche Ausschreibungen vergeben werden – ein Umstand, der mit rechtsstaatlichen Prinzipien nur noch wenig zu tun hat. Auch der spätere Nutzen steht im Hintergrund. In einigen Städten gibt es nur Drittliga-Mannschaften, eine adäquate Nutzung nach dem Ende der Spiele ist nicht abzusehen. Ähnlich wie in Südafrika werden die sündhaft teuren Bauten also vermutlich als “weiße Elefanten” ohne Verwendung enden.
Ausschreitungen in der Bevölkerung
Wie schlecht die Bevölkerung die von der Fifa angefeuerten Verschwendungs- und Neubauorgien in den brasilianischen Städten aufnimmt, haben die Ausschreitungen der vergangenen Monate gezeigt. Die von der Fifa immer wieder angepriesene gesellschaftliche Verbindungskraft durch den Fußball scheint eher Wunschdenken oder Augenwischerei zu sein.
Denn allein die gesalzenen Ticketpreise, die von “normalsterblichen” Brasilianern nicht bezahlt werden können, schließen ärmere Schichten von der Teilnahme am Fußballerlebnis aus. Ein Effekt, der von der Fifa zumindest billigend in Kauf genommen wird. Denn ähnlich wie bei der Vertreibung der oft bitterarmen Straßenhändler, dem Abriss ganzer Stadtteile und anderen Faktoren hat die Fifa auch in Sachen Ticketpreise auf stur gestellt.
Steuerzahler begleichen Fifa-Rechnung
Bereits während der WM in Südafrika waren es die Steuerzahler, die die Fifa-Rechnung am Ende bezahlen mussten. Auch in Brasilien wird der Kommerz-Zirkus große Löcher in den Staatshaushalt reißen und Gelder beanspruchen, die normalerweise in Bildung, Gesundheitswesen oder andere wichtige Projekte geflossen wären. Die forcierte Modernisierung der Städte treibt die Mietpreise nach oben – auch hier sind die Ärmsten am heftigsten betroffen.
Ein Umdenken der Fifa ist jedoch nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Die Effektivität und die Gewinnspanne des Verbands wird mit jeder WM größer. Allerdings gilt das Gleiche für die kritischen Stimmen, die ein Ende des Missbrauchs von Sport zur Bereicherung einiger weniger Funktionäre fordern.